Eines der größten Reformationsdenkmale weltweit, 1868 eingeweiht. Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott”, in Stein umgesetzt, umrahmt die bronzenen Figuren.
Martin Luther steht über frühen Reformatoren, den „Vorreformatoren“, umgeben von Fürsten und Gelehrten sowie Personifikationen von wichtigen Städten aus der Geschichte und Nachgeschichte der Reformation. Den inneren Denkmalsockel zieren Bronzereliefs mit Szenen aus der Reformation.
Luthers Widerrufsverweigerung auf dem Wormser Reichstag von 1521 hat bis heute
weltweit deutlich sichtbare Spuren in Geschichte und Gegenwart hinterlassen. Da
kein Gebäude erhalten ist, in dem Luther sich aufgehalten hat, erinnern nur
einige Hinweise in der Stadt an Luthers Auftritt.
Wichtigstes Monument dieser Erinnerung ist die weltgrößte Reformationsdenkmalanlage der Welt auf dem Lutherplatz. Einige Stufen führen zu dem monumentalen begehbaren Denkmal.
Zwölf Jahre dauerte seine Fertigstellung, von der Initiative des Gymnasialprofessors Dr. Friedrich Eich und des Dekans Eduard Franz Keim sowie der Gründung des Denkmal-Vereins 1856 bis zur Einweihung des Denkmals in Anwesenheit des preußischen Königs und späteren deutschen Kaisers Wilhelm I. und vieler Ehrengäste unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 25. Juni 1868.
Entworfen wurde das Denkmal von dem Dresdener Künstler Ernst Rietschel. Da Rietschel nach der Anfertigung von zwei Figuren (Luther und Wyclif) im Jahre 1861 starb, wurden die weiteren Gestalten nach dem vorliegenden Entwurf von seinen Schülern Adolf von Donndorf, Gustav Kietz und Johannes Schilling ausgeführt.
In der Mitte der Anlage
steht Luther auf einem hohen Sockel.
Er trägt die Schaube, den Professorentalar, während er 1521 in Worms sicher
seine Mönchskutte getragen hat. Dem Künstler war die inhaltliche Botschaft
wichtiger als Historizität, deshalb zeigt er den Bibelprofessor, der in der
linken Hand die Bibel hält und die zur Faust geballte Rechte darauf legt: sola
scriptura (allein die Schrift) lautet die Botschaft, die auf dem Wormser
Reichstag eine wichtige Rolle spielen sollte.
Zu Füßen Luthers sitzen vier Vertreter der frühen Reformation vor Luther, die
zugleich die europäische Dimension der Reformation repräsentieren: Petrus Waldus (um 1180; Frankreich), John Wyclif (ca. 1320–1384; England), Jan Hus (ca. 1369–1415;
Böhmen/Tschechien) und Girolamo
Savonarola (1452–1498); Italien). Die Figuren, auch gern als
Vorreformatoren bezeichnet, wirken wie Wurzeln, aus denen Luther emporwächst.
Dabei dürften am ehesten John Wyclif und der 1415 in Konstanz verbrannte Jan
Hus durch ihre auf Bibelauslegung gründenden Reformvorhaben als Vorläufer
Luthers gelten. Umgeben ist das Denkmal von Mauerzinnen, die Luthers
bekanntestes Lied versinnbildlichen: Ein
feste Burg ist unser Gott.
Die weltliche Macht und die Macht des Geistes sind verkörpert in den Figuren auf den vier Eckpostamenten: Kurfürst Friedrich der Weise (1463-1525) und Landgraf Philipp von Hessen (1504 – 1567) flankieren wie Wächter den Aufgang zum Denkmal. Beide tragen als Zeichen ihrer weltlichen Macht ein Schwert.
Nach dem Tod Kaiser Maximilians lehnte Friedrich die ihm angetragene Kaiserkrone ab, deshalb liegt sie der Figur zu Füßen. Stolz auf seine junge aufstrebende Universität in Wittenberg, genoss einer seiner vielversprechenden Professoren, Martin Luther seit dem Thesenanschlag 1517 seinen Schutz.
Er verhinderte, dass mit Luther ein kurzer Prozess gemacht wurde und erzwang das Verhör auf dem Reichstag in Worms. Noch bevor das dann erlassene Wormser Edikt Rechtskraft erlangte, der Verhängung der Reichsacht über Luther, ließ er ihn auf der Heimreise entführen und auf die Wartburg bringen. Ohne seinen Schutz wäre die Reformation zum Scheitern verurteilt gewesen. Persönlich begegnet ist ihm Luther nie im Gegensatz zu der anderen dargestellten weltlichen Führungsgestalt der Reformation, Philipp von Hessen. Auf dem Wormser Reichstag war Philipp 20 Jahre alt.
Seine Jugend fällt ins Auge, wenn man die Denkmalfigur mit der Friedrichs des Weisen vergleicht. Er war für den weiteren Verlauf der Reformation sehr wichtig, er protestierte 1529 in Speyer zusammen mit anderen Fürsten gegen die Durchsetzung des Wormser Edikts, er lud Luther und Zwingli im gleichen Jahr nach Marburg zu einem Gespräch über die Abendmahlsfrage, das allerdings zu keiner Annäherung der Standpunkte führte.
1526 erließ er für sein
Herrschaftsgebiet die erste Kirchenordnung in Homberg. Er war zum einen
weltlicher Beschützer der Reformation und Führungsfigur im Schmalkaldischen
Bund, der zum Schutz der Reformation gegründet wurde. Er nahm als Landesherr
aber auch seine Verantwortung zur Ordnung der kirchlichen Verhältnisse wahr.
Leider schwächte er seine Position durch die Heirat von Margarete von der Saale
im Jahre 1540, weil er sich dadurch der Bigamie schuldig machte.
Auf den hinteren Postamenten stehen der Humanist und Sprachforscher Johannes Reuchlin (1455-1522) sowie Luthers engster Freund und Mitarbeiter Philipp Melanchthon (1497-1560). Reuchlin legte durch seine Erforschung des Hebräischen und die Herausgabe einer hebräischen Grammatik die Grundlage für die philologische Arbeit am Alten Testament.
Der Reformation angeschlossen hat er sich nicht. Melanchthon, der kleine Grieche, wie Luther ihn genannt hat, hat die confessio augustana verfasst, in der auf dem Reichstag in Augsburg 1530 die evangelische Lehre erstmals systematisch vorgetragen wurde. Bei der Bibelübersetzung war der in den alten Sprachen vorzüglich ausgebildete Humanist Luthers wichtigster Mitarbeiter.
Zwischen den äußeren Figuren in der Mitte der jeweils äußeren die Anlage umschließenden Seite befinden sich auf etwas niedrigeren Postamenten drei sitzende Frauenfiguren. Sie repräsentieren protestantische Städte. Auf der hinteren Seite sehen wir die Protestierende Speyer.
Sie erinnert an den Reichstag von 1529 in Speyer und die Protestation evangelischer Fürsten gegen den Reichstagsbeschluss, das Wormser Edikt durchzusetzen. Zwischen Friedrich dem Weisen und Reuchlin ist der Augsburger Friede platziert.
Die Frauenfigur, erkennbar an dem Palmenzweig, erinnert an die vorläufige Einigung im Jahre 1555, wo in Augsburg unter der Formel cuius regio eius religio (wessen Gebiet dessen Religion) ein Friede zwischen Lutheranern und Katholiken geschlossen wurde, genauer gesagt der Glaube gemäß der Augsburgischen Konfession bis zu einer endgültigen Lösung reichsrechtliche Anerkennung fand.
Dieser Friede sollte ein vorübergehender Waffenstillstand bleiben. 1618 brach der Dreißigjährige Krieg aus. In seinem Verlauf wurde die Stadt Magdeburg 1631 von kaiserlichen Truppen belagert. Dabei starben 20.000 Menschen.
An die Leiden der Stadt erinnert die Trauernde Magdeburg. Ihr Kopf ist halb verhüllt und gesenkt, die Haltung der Trauer ist deutlich sichtbar. So bildet das Wormser Lutherdenkmal nicht nur ein Stück Reformationsgeschichte ab, sondern gestaltet auch die Folgen der Reformation. Am Hauptsockel sind auf Reliefplatten Szenen aus Luthers Leben dargestellt.
Porträtmedaillons jeweils darüber zeigen weitere Mitarbeiter und Förderer der Reformation. Das Relief auf der Vorderseite stellt die Reichstagsszene dar. In der rechten oberen Ecke ist Ernst Rietschel, der Künstler, zu sehen. Vor ihm stehen die beiden Initiatoren Gymnasialprofessor Dr. Friedrich Eich und Dekan Eduard Franz Keim.
Auf der linken Bildseite sind außer dem Kaiser und dem Offizial Dr. Johannes von der Ecken die Kurfürsten dargestellt. Darüber befinden sich Porträts von Johann dem Beständigen, dem Bruder und Nachfolger Friedrichs des Weisenund Johann Friedrich dem Großmütigen, dem Sohn und Nachfolger des Letzteren.
Unter den Porträts Ulrich von Huttens und Franz von Sickingens befindet sich ein Relief mit dem Wittenberger Thesenanschlag, unter den Porträts Zwinglis und Calvins ein Doppelrelief zu Abendmahl in beiderlei Gestalt und Priesterehe, schließlich unter den Porträts von Justus Jonas und Johann Bugenhagen ein Doppelrelief zu den Themen Bibelübersetzung und Predigtamt.
Das Lutherdenkmal ist ganzjährig frei zugänglich
(die Anlage ist barriefrei, das Denkmal selbst nicht)
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